Inhalt:
Eigentlich hätte Arthur Tudor König von England sein sollen, aber ein unfreiwilliger Wechsel in die Welt der Untoten kam ihm in die Quere und hievte seinen Bruder Henry auf den Thron. Fast 300 Jahre später ist das alles längst Geschichte und der Vampir Arthur treibt sein Unwesen in der Londoner High Society. Dort verführt er die Damen reihenweise, trinkt ihr Blut und hinterlässt schon mal die ein oder andere Leiche.
Doch dann begegnet ihm die burschikose Avalon, die der einzigen Frau, die er je geliebt hat, zum Verwechseln ähnlich sieht und gleichzeitig charakterlich so völlig anders ist. Arthur verliebt sich Hals über Kopf, doch zunächst bleiben seine Verführungskünste erfolglos.
Dann werden zwei tote Frauen aufgefunden, Vampiropfer, schreiben die Zeitungen. Doch Arthur hat nur eine der beiden wirklich getötet. Ist also ein anderer seiner Art in der Stadt? Zu allem Überfluss entpuppt sich seine geliebte Avalon nun auch noch als die zu allem entschlossene Gehilfin eines Vampirjägers ...
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Kommentar:
O.M. Greys Roman „Avalon Revisited“ vereint einen Trend, auf dessen Ableben alle warten und einen, der noch in den Kinderschuhen steckt: Es ist ein Vampirroman mit Elementen des Steampunk. In Arthurs viktorianischem London werden nämlich Galas auf Luftschiffen gefeiert und Vampirjäger sind mit den ausgefallensten mechanischen Spielereien ausgerüstet. Dabei ist Steampunk aber allenfalls hübsches Dekor, ein erkennbares Weltenkonzept gibt es nicht.
Ich bin sehr zwiegespalten, was diesen Roman angeht.
Die Steampunkanleihen sind ein großer Bonus, schon Gail Carriger hat gezeigt, wie ausgezeichnet sich die beiden Genres vertragen.
Die zweite Sache, mit der der Roman punkten kann, ist sein Held. Arthur Tudor ist endlich mal wieder ein richtiger Gentleman-Vampir. Einer, der sich in seiner Vampirhaut wohl zu fühlen scheint, der Menschenblut trinkt und dabei auch mal (wenn auch eher aus Versehen) tötet. Arthur ist nicht bösartig, aber ihn plagt auch keine Reue, wenn er tötet, er hat nur wenige Skrupel und keine hohen moralischen Standards. Damit hebt er sich so wohltuend von den jammernden Vampirjünglingen und edlen Vampirkriegern in den meisten aktuellen Vampirromanen ab, dass ich das Buch gleich ein wenig mehr genossen habe. Ich wünschte es gäbe wieder mehr von dieser Sorte. Wortgewandt, raffiniert und ein wenig böse und skrupellos ohne den mittlerweile zu oft überdosierten Weichspüler.
Dabei ist „Avalon Revisited“ zu einem guten Teil auch ein Liebesroman. Ironischerweise versagt er aber genau an dieser Stelle. Es beginnt damit, dass die diversen expliziten Sexszenen schlichtweg fehl am Platze wirken und sich nicht so recht in das Buch einfügen wollen. Wirklich gut geschrieben sind sie leider auch nicht, ich hätte ehrlich gesagt gerne auf sie verzichtet. Das Problem setzt sich in der Romanze mit Avalon fort: Avalon hätte eine tolle Heldin sein können. Eine selbstbewusste, intelligente Frau mit Lust zum Abenteuer. Schade, dass wir diese Frau nicht kennenlernen. Für Arthur ist es Liebe auf den ersten Blick und von da an gibt es zwar viel Geschwärme für Avalon, aber wenig gute Interaktion mit der echten Avalon. Meistens wirkt Avalon sogar eher naiv und nichtssagend und bleibt bis zum Ende eine sehr blasse Figur. Unglücklicherweise wird der mit 250 Seiten wirklich kurze Roman zum Ende hin auch noch sehr gehetzt und damit fällt der Aufbau dieser Liebesgeschichte endgültig in sich zusammen. Zwei Menschen, die sich sagen, dass sie sich lieben, machen noch keine Romantik. In diesem Fall wirken die ausgetauschten Schwüre peinlich aufgesetzt. Was für eine verpasste Gelegenheit.
Abgesehen von der Romanze ist „Avalon Revisited“ aber auch ein Krimi. Die Kürze des Romans lässt auch hier keine raffinierte Konstruktion zu. Der Fall ist spannend, aber auch vorhersehbar und alles andere als neu und einfallsreich. Eben, wie auch der Rest des Buches, einfach nur unterhaltend.
Was bleibt also als Fazit? „Avalon Revisited“ macht Spaß. Zeitweise hat man aber – auch sprachlich – das Gefühl, dass die Autorin etwas zu bemüht ist. Die Leichtigkeit einer Gail Carriger, mit der sie sich unweigerlich vergleichen lassen muss, hat sie noch lange nicht. Die Qualität schwankt das ganze Buch über von beinahe platt, bis wirklich gut gemacht. Es ist ein Erstling mit Potential, aber auch mit vielen verpassten Chancen, die in eventuellen Fortsetzungen hoffentlich besser genutzt werden.
Ich habe es nicht bereut „Avalon Revisited“ gelesen zu haben und würde auf jedem Fall noch einmal ein Buch der Autorin kaufen.
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